Diabetes mellitus (DM), Zuckerkrankheit

Mai 20, 2016

Essen macht einen wichtigen Teil unseres Lebens aus, und das nicht ohne Grund: Unser Körper gewinnt seine Energie aus der Nahrung. Neben anderen Bestandteilen wie Eiweiss und Fett sind Kohlenhydrate entscheidend, weil sie die Energie für Muskel- und Nervenzellen liefern. Dafür werden sie im Körper in Einfachzucker, die sogenannte Glukose, zerlegt.
Glukose ist die Zuckerform, die von den Zellen aufgenommen werden kann. Ganz besonders wichtig ist Glukose für unser Gehirn, das sich ausschliesslich von Zucker ernährt und nichts anderes verwerten kann.
Nach dem Essen gelangt Glukose aus dem Darm ins Blut, das wiederum den Zucker im ganzen Körper verteilt und zu den Zellen bringt. Um dann in die Zellen hineinzugelangen, benötigt die Glukose einen sog. «Türöffner»: das Insulin.
Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse, dem Pankreas, gebildet, und zwar immer dann, wenn der Zuckergehalt im Blut ansteigt, also nach dem Essen. Insulin gelangt ebenfalls über das Blut zu den Zellen. Dort bindet es sich an sogenannte Insulin-Rezeptoren auf der Oberfläche der Zelle, was diese dazu veranlasst, die Glukose hineinzulassen. Der Zucker wird aus dem Blut in die Zelle aufgenommen, und folglich sinkt der Zuckergehalt im Blut. Ohne Insulin kann der Zucker nicht in die Zellen gelangen und verbleibt im Blut. Der Blutzuckerspiegel steigt an. Genau dies ist bei Diabetes der Fall.
Beim Typ 1 Diabetes 1 fällt die Produktion von Insulin ganz aus. Beim Typ 2 Diabetes fällt sie jedoch nicht ganz aus, aber das Insulin ist nicht ausreichend vorhanden oder kann nicht richtig wirken.

Es gibt zwei Störungen im Insulinhaushalt, die Typ 2 Diabetes verursachen können.
Resistenz (Widerstand): Insulin ist zwar ausreichend vorhanden, kann aber an der Zelloberfläche nicht mehr richtig wirken. Somit bleibt die Zelle für Glukose verschlossen. Dies wird auch als «Insulinresistenz» bezeichnet.
Insulinmangel: Die Bauchspeicheldrüse bildet allmählich über einen längeren Zeitraum immer weniger Insulin.
Als Folge davon gelangt weniger Zucker in die Zellen und mehr verbleibt im Blut.
Während sich bei gesunden Menschen normalerweise kein Zucker im Urin befindet, ist Zucker im Urin ein deutliches Zeichen für Diabetes und wurde früher zur Diagnose verwendet.
Der «süsse» Urin hat der Krankheit ihren Namen gegeben. Diabetes mellitus heisst «honigsüsser Durchfluss».

Einige Fakten über Diabetes

  • Diabetes mellitus (DM), vorwiegend bezogen auf den Typ 2, ist zu einer weltweit verbreiteten Massenerkrankung geworden.
  • In der Schweiz sind rund 450‘000 Personen an Diabetes erkrankt.
  • 90% der Betroffenen haben Typ 2 Diabetes.
  • Die meisten Betroffenen sind zwischen 40 und 59 Jahre alt.
  • DM Typ 2 ist eine multifaktoriell ausgelöste Erkrankung, wobei an erster Stelle der Ursachen das Übergewicht steht.
  • Im Schnitt besteht die Erkrankung 7 Jahre, bevor sie entdeckt wird. Die Hälfte der Betroffenen weiss noch gar nicht, dass sie erkrankt ist.
  • Die Ernährung spielt jedoch nicht nur hinsichtlich des Körpergewichtes eine Rolle für das Risiko, an DM Typ 2 zu erkranken.
  • In der Tat erhöht der Genuss von Fruchtsäften das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, wogegen der Konsum von frischem Obst, vor allem Heidelbeeren, Weintrauben und Äpfel, das Risiko reduziert.
  • Ein entscheidender Faktor ist aber die genetische Veranlagung, wobei wahrscheinlich viele Gene beteiligt sind (polygene Erkrankung).
  • Trotzdem kann jeder mit ausgewogener Ernährung, moderater Bewegung und stressarmem Leben seine Blutzuckerwerte unter Kontrolle halten.
  • Wer sich mediterran ernährt, entwickelt seltener Diabetes. Durch das regelmässige Essen von Früchten, Gemüse, Nüssen, Olivenöl sinkt die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken, um 20%.
  • Frühstück auszulassen erhöht das Risiko,  DM Typ 2 zu entwickeln, denn diese Mahlzeit trägt nachweislich zur Stabilisierung des Blutzuckers im weiteren Tagesverlauf bei.
  • Menschen, welche jede Woche mindestens zweieinhalb Stunden Herz-Kreislauf-Training und mindestens eine Stunde Krafttraining absolvieren, haben das niedrigste Diabetesrisiko, etwa ein Drittel geringer als das von Untrainierten. Nach einer Trainingseinheit nehmen die Muskeln vermehrt Glukose aus dem Blut auf. Im Lauf der Zeit wird man fitter, und die Zellen reagieren empfindlicher auf Insulin.

Der Arzt verbindet nur deine Wunden. Dein innerer Arzt aber wird dich gesunden. Bitte ihn darum, so oft du kannst. Paracelsus (1493-1541)

  • Man sollte sich gewöhnen, nach spätestens 20 Minuten Sitzen für zwei Minuten aufzustehen und sich zu bewegen. Die neuen Studien zeigen, dass regelmässige Bewegung die Höchstwerte des Blutzuckerspiegels nach dem Essen senkt.
  • Gewisse Medikamente wie Steroide (Cortison) gegen z.B. Asthma, Statine zur Verbesserung des Cholesterinwerte und Diuretika zur Blutdrucksenkung können den Blutzucker erhöhen.
  • Man kann sein eigenes Diabetesrisiko auch im Internet testen, zum Beispiel auf der Seite der Schweizerischen Diabetes-Gesellschaft (www.diabetesgesellschaft.ch).

Blutzuckerwerte

  • Normaler Nüchtern-Blutzuckerwert: 4-6 mmol/l, d.h. 70-100 mg/dl
  • Abnormer Nüchtern-Blutzuckerwert: ≥ 6,1–<7,0 mmol/l , ≥110–<126 mg/dl
    Diabetes: Nüchtern-Blutzuckerwert über 7,0 mmol/l; ≥126 mg/dl

Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit. Carl Ludwig Börne (1786 – 1837)

Symptome

  • Viele Typ-2-Diabetiker haben jahrelang keine fassbaren Symptome. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes geht der Typ-2-Diabetes eher selten mit einer Gewichtsabnahme und nur bei massiv erhöhten Blutzuckerwerten mit vermehrtem Wasserlassen und Durstgefühl einher. Häufig bestehen zu Beginn unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen und Infektneigung wie z.B. häufige Blasenentzündungen.
  • Da diese Symptome sehr unspezifisch sind, wird die Diagnose häufig erst nach Jahren durch Zufall gestellt.
  • Selten, aber möglich, ist ein sogenanntes hyperosmolares Koma. Hierzu kommt es, wenn bei einem extrem hohen Blutzuckerspiegel die Nieren so viel Wasser ausscheiden, dass der Flüssigkeitsverlust durch Trinken nicht mehr auszugleichen ist.

Zucker in der Jugend macht faule Zähne im Alter, (unbekanntes Sprichwort)

Einige Spätfolgen des DM

  • Schädigung der Blutgefässe (Mikro- und Makroangiopathien)
  • Nervenschädigungen (Neuropathie)
  • Nierenschädigung (diabetische Nephropathie)
  • Augenschäden (diabetische Retinopathie)
  • Mund- und Zahnfleischprobleme
  • Fettstoffwechselstörungen (Fettleber)
  • Diabetisches Fusssyndrom (schlecht heilende Wunden an Unterschenkel und Fuss)
  • Amputationen (die Mehrheit der Amputationen wird in der Schweiz bei Diabetikern durchgeführt)
  • Krebs (das Krebsrisiko der Leber, Gallenblase, Atemwege, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Harnblase, Gebärmutter und Magen ist bei DM erhöht)
  • Hörverlust (Schädigung des Innenohrs)

Gesundheit ist die erste Pflicht im Leben. Oscar Wilde (1854 – 1900)

Anzeichen einer Unterzuckerung

  • Mühe, sich zu konzentrieren, Konzentrationsstörung
  • Heisses Gefühl, Schweissausbrüche
  • Massive Müdigkeit
  • Heisshunger
  • Kopfschmerzen u/o Herzklopfen
  • Zittern, Schwindel, Gleichgewichtstörung
  • Die Zungen werden schwer, die Lippen werden taub
  • Sehstörungen wie Doppeltsehen
  • Reizbarkeit, Nervosität, schnell irritiert

Prognose

  • Die Chance auf ein langes Leben frei von Folgekrankheiten ist umso grösser, je niedriger die Glykierung (Verzuckerung der Zellen) ist. Starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels verringern diese Chance. Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel und zu hoher Insulinspiegel schädigen die Intima media (Innenwand der Blutgefässe) genauso wie ein zu hoher Blutzuckerspiegel.
  • Bei jedem Betroffenen muss individuell festgestellt werden, wie die niedrigsten Blutzuckerwerte mit der niedrigsten Zahl von Hypoglykämien erreicht werden können.

Fazit

  • Oberstes Ziel der Diabetestherapie ist es daher, diese irreversible chemische Reaktion der Glukoseablagerungen zu minimieren durch ausgewogene Ernährung, moderate Bewegung, stressarmes Leben und gute medikamentöse Behandlung.

Die Hoffnung ist wie Zucker im Kaffee: Auch wenn sie klein ist, versüsst sie alles (unbekanntes Sprichwort)