Beispiele für Krankheiten bei Asylsuchenden

Februar 20, 2017

In letzter Zeit ist der anwachsende Flüchtlingsstrom nach Europa und damit auch in die Schweiz ein wichtiges Thema in den Medien und in der Praxis.

Neben den allgemeinen logistischen, räumlichen Herausforderungen besteht auch die Notwendigkeit der medizinischen Versorgung der Asylbewerber. Die gesundheitlichen Probleme der Flüchtlinge sind mannigfaltig. Neben ihrer psychischen Traumatisierung müssen vorwiegend Infektionskrankheiten berücksichtigt werden. Die Umstände der Reise begünstigen diese, wobei in erster Linie die Skabies und parasitäre Erkrankungen hervorzuheben sind.

Obwohl die Skabies primär eine banale Erkrankung ist, kann sie zu fatalen postinfektiösen Komplikationen wie Glomerulonephritis (Nierenkrankheiten) führen. Auch die Therapie der Skabies bei Asylsuchenden ist aufgrund der Sprachbarriere und der engen Wohnverhältnisse nicht einfach durchzuführen.

Zudem besteht bei Asylbewerbern oft kein ausreichender Impfschutz, wie z.B. bezüglich Varizellen oder Diphterie-Tetanus. In letzter Zeit gab es in Europa eine Reihe von Patienten mit Varizellen, und zur antiviralen Behandlung mussten sie sogar hospitalisiert werden.

Neben einer Vielzahl von Skabiesfällen, betroffen sind vor allem Patienten aus Eritrea und Somalia, sind in der Praxis auch andere Infektionskrankheiten wie Pyodermien und Ekhymata zu sehen. Hier finden sich neben Staphylokokken und Streptokokken der Gruppe A auch gehäuft Corynebakterien.
In der Studie eines südostanatolischen Zentrums wurde von einem Anteil syrischer Flüchtlinge von über 60 % der insgesamt gestellten kutanen Leishmaniose-Diagnosen berichtet. Leishmanien und Trypanosomen sind in Europa selten, sind jedoch sehr aktuell geworden.

Die Inkubationszeit einer Leishmaniose beträgt 2-6 Monate, kann aber wesentlich länger sein. Die Infektion kann asymptomatisch sein, sich jedoch bei Immunsuppression, genetischen Faktoren oder hoher Virulenz der Parasiten zu einer klinisch manifesten Krankheit entwickeln. Trias Fieber, Panzytopenie und Hepatosplenomegalie stehen im Vordergrund. Bei Patienten aus Ostafrika wird auch eine Lymphadenopathie beobachtet. Bei Immunsupprimierten können atypische Formen mit gastrointestinalem und pulmonalem Befall vorkommen.

Weltweit gesehen ist die Chagas-Erkrankung die dritthäufigste Parasitose nach Malaria und Bilharziose. In Lateinamerika ist die Chagas-Kardiopathie nach der ischämischen Herzkrankheit die zweithäufigste Herzerkrankung. Die Chagas-Kardiopathie ist durch Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und Herzaneurysmen mit Thrombenbildung gekennzeichnet.

Bei Immigranten und Touristen mit sog. Schlafkrankheit zeigen sich die Symptome einer akuten, schweren, fieberhaften Erkrankung mit Kopfschmerzen, Juckreiz, Lymphadenopathie, Hautausschlag, gastrointestinalen Symptomen und EKG-Veränderungen. Bei Immigranten liegt der Aufenthalt im Endemiegebiet oft viele Jahre zurück.

Obwohl diese Krankheiten bei uns relativ selten sind, sind sie von grosser Bedeutung, da sie unbehandelt fatale Folgen haben können. Häufig erfordert die Behandlung ein tropenmedizinisches Konsilium oder einen erfahrenen Hautarzt.
Diese Infektionskrankheiten bei Flüchtlingen bedingen somit eine rasche und effiziente Therapie, gerade bei epidemisch auftretender Skabies und Varizellen. Der Impfschutz muss ergänzt werden.

Bei Fehlen eines klaren Infektfokus bei Asylsuchenden speziell aus dem subsaharischen Afrika sind weitere Infektionskrankheiten wie HIV, Tuberkulose oder klassische tropische Erkrankungen wie Malaria, Typhus-Fieber, Dengue, Rickettsiose, Ebola und Borrellia recurrentis in Betracht zu ziehen.

Wir müssen uns mit einer Reihe bei uns neu auftretender Erkrankungen vertraut machen. Dafür brauchen wir Neugier und Willen.