Ein Schmutz, mehr als eine Sache

Mai 5, 2025

Eine Patientin kam zu mir in die Sprechstunde und klagte über massive Hautveränderungen mit stark ekzematösen Stellen an ihren Händen.

Die wahrscheinlichste Ursache für diese Hautläsionen ist das zu viele Waschen der Hände. Ich fragte sie, warum sie ihre Hände so häufig und kräftig mit Seife wasche. Darauf antwortete sie, dass der Schmutz die Ursache sei.

Sie konnte jedoch nicht erklären, was sie damit meinte. «Der Schmutz kann ein Bakterium, ein Virus oder ein Wurm sein», sagt sie mir. Ich antwortete ihr, dass wir mit diesen Lebewesen zusammenleben und zusammenleben müssen.

Wir brauchen Barrieren auf der Haut unserer Hände. Wenn wir die Fettschicht auf unseren Händen durch zu häufiges Waschen entfernen, dann können sich dort falsche Bakterien vermehren. Die Haut kann sich nicht mehr ausreichend schützen, so dass häufig Ekzem an den Händen entsteht. «Nach dem Händewaschen können Sie ihre Hände gerne auch einkremen», erklärte ich ihr.

«Nein, bitte, so fettiges Zeug kann ich nicht auf meine Hände auftragen. So würden meine Hände sehr schmutzig aussehen», fügte sie hinzu.

Was ist nun Schmutz? Schmutz ist, wenn sich Dinge am falschen Ort befinden. Als Beispiel. Sie lieben die Haare ihrer Mutter. Sie riechen sogar gerne daran. Aber wenn ein Haar von ihr in der Suppe oder im Salat ist, dann wirkt dies ganz anders. Sie essen gerne Öl, aber wenn etwas Öl auf Ihr Hemd tropft, sieht das Hemd schmutzig aus.

Auch Personen am falschen und unerwünschten Ort können ein «schmutziges Gefühl» bei anderen auslösen, oder? Andererseits kann die gleiche Person am passenden Ort hochgeschätzt und beinahe bejubelt werden.

Schmutz kann auch zu Beschwerden bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen führen. In der Regel ist die Blase steril, d.h. keimfrei. Wenn aber ein Bakterium in die Blase gelangt, kann dies zu einer Blasenentzündung führen. Wird diese nicht behandelt, kann eine Nierenbeckenentzündung oder sogar eine Vergiftung daraus folgen.
Wenn ein Keim in die Blutbahn gerät, kann dies zu einer Sepsis (Blutvergiftung) führen. Die Folge davon kann Multiorganversagen bis zum Tod sein.

Fazit. Ein winziges Wesen am falschen Ort kann in einer Katastrophe enden.

Im Gegensatz dazu kann ein Medikament am richtigen Ort lebensrettend sein und Heilung bewirken, wenn es die richtigen Rezeptoren erreicht.

Wir können viel von der Natur lernen. Wir befinden uns in einem System zwischen ständigem Kampf und ständiger Rettung, ständigem Chaos und ständiger Ordnung. Alles ist im Fluss. Das einzig Konstante ist die Veränderung.
Glück bedeutet, wenn das Richtige am passenden Ort ist und wenn wir Zeit haben, es zu finden.

Das «schmutzige Gefühl» kann sich auch ändern, je nachdem, von welcher Seite wir die Dinge betrachten.
Wenn Sie einen hungrigen Löwen während eines ganzen Tages begleiten, sehen Sie, wie er jagt und krampfhaft nach Nahrung sucht, oft erfolglos. Als er endlich eine Gazelle findet, betrachtet er diese als seine Rettung und geniesst es richtig.
Wenn Sie den Tag mit der Gazelle verbringen und sehen, wie dieses wunderbare Wesen herumspringt, vor Freude strahlt, sein Leben geniesst, und plötzlich kommt der Löwe, um sie zu packen und brutal zu töten. Was für ein Gefühl bekommen Sie dann?

Fazit: Wenn dasselbe Ereignis von verschiedenen Seiten betrachtet oder wahrgenommen wird, kann die Interpretation sehr verschieden ausfallen.

Bei unserem Umgang mit Schmutz ist es ähnlich. Es kommt darauf an, ob Sie Ihre Haut durch Desinfizieren schützen möchten, oder ob sie Bakterien bzw. Keime damit töten wollen. Jede Medaille hat zwei Seiten.