Angststörung, Panik, Phobie

November 20, 2016

Angststörungen sind in der Arztpraxis sehr häufig und ihre Symptome werden von vielen Patienten zunächst häufig somatisch zugeordnet.
Angst ist ein notwendiger und normaler Affekt. Die Definition dessen, was unter «Angst» zu verstehen ist, ist in anerkannter Weise vom Philosophen und Psychiater Karl Jaspers gegeben worden: «Ein häufiges und qualvolles Gefühl ist die Angst. Furcht ist auf etwas gerichtet, Angst ist gegenstandslos.»

Allgemeine Symptome

  • Herzklopfen, Schwindel, Schweissausbruch, Zittern, Mundtrockenheit, Hitzewallungen
  • Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Brustschmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Bewusstseinsstörungen: zum Beispiel das Gefühl, verrückt zu werden oder das Gefühl, die Kontrolle über die eigenen Gedanken zu verlieren, Sehstörungen, Parästhesien
  • Allgemeines Vernichtungsgefühl, Angst zu sterben, Katastrophengedanken

„Angst beginnt im Kopf. Mut auch.“

Viele Patienten mit Angststörung klagen über chronische Schmerzen.
Das frühzeitige Erkennen und Behandeln ist wichtig. Die Angststörungen haben eine starke Chronifizierungstendenz und ziehen Folgestörungen wie Suchterkrankungen und Depressionen nach sich.

Es gibt verschiedene Angststörungen wie:

Generalisierte Angststörung

Eine diffuse Angst mit Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen über alltägliche Ereignisse und Probleme über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten, begleitet von weiteren psychischen und körperlichen Symptomen. Es kommt zu einer inneren Vermeidung von unangenehmen Vorstellungen und Gedanken. Teufelskreisartig entstehen sog. «Meta-Sorgen»: Man sorgt sich darüber, dass man sich so viele Sorgen macht.

Soziale Angststörungen

Bei oft vermindertem Selbstwertgefühl und überhöhten Ansprüchen an sich selbst besteht hier eine überstarke Angst vor dem sozialen Bewertetwerden. So werden spezifische soziale Situationen wie das öffentliche Reden oder soziale Situationen allgemein gemieden.

Phobische Störungen

In Bezug auf ein spezifisches Objekt oder eine Situation oder einen Ort bildet sich die Angstsymptomatik. Es besteht eine deutliche, emotionale Belastung durch die Angstsymptome. Es gibt eine Unzahl von möglichen Phobien – phobische Reaktionen können sich auf alles und jedes richten.
Im Folgenden sind einige bekanntere spezifische Phobien aufgelistet:

  • Angst vor Öffentlichkeit (Soziale Phobie)
  • Angst vor Spinnen (Arachnophobie)
  • Angst vor Hunden (Canophobie)
  • Ängste vor Blut (Blutphobie, Hämatophobie)
  • Ängste vor engen Räumen (Klaustrophobie)
  • Ängste vor großen Höhen (Akrophobie)
  • Angst vor dem Fliegen (Flugangst, Aviophobie)
  • Angst vor dem Urinieren auf öffentlichen Toiletten (Paruresis)
  • Angst vor dem Zahnarzt (Dentalphobie)
  • Angst vor dunklen Räumen (Achluophobie)

Diese spezifischen Phobien übersteigern sich bis zu situationsgebundenen Panikattacken vor speziellen Situationen wie Fliegen oder medizinischen Massnahmen (Blutentnahme, MRT, Zahnextraktion).

Panikstörung

Hier kommt es zu einer schnellen und maximalen Aufschaukelung der Angst durch den Teufelskreis «Angst vor der Angst». Die harmlosen Symptome der Angst werden als Bedrohung interpretiert und verstärken kurzschlüssig die Angst weiter.  Hauptsymptome sind Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Atemnot, Hyperventilation, Brustschmerz, Übelkeit bis Benommenheit.

„Dort, wo kein Licht ist, packt das Dunkel gnadenlos zu“. (Erhard Blanck)

Was sind die Ursachen der Angststörung?

  • Dispositionen: Erbfaktoren, Kindheitstrauma, ungünstige kindliche Lernerfahrungen, usw.
  • Auslöser: Spezifisch angsterzeugende Ereignisse (wie Verlassenwerden, Kündigung, Konfrontation mit der Krankheit), akute Stressoren (wie Paarkonflikt, Naturkatastrophen) sowie ein hoher allgemeiner Stresslevel in den letzten Tagen, Wochen oder Monaten

Behandlungsmöglichkeiten

  • Beseitigung spezifischer und akuter Stressoren soweit möglich
  • Bearbeitung von kritischen oder gar traumatischen Lebensereignissen aus der Vergangenheit
  • Senkung des allgemeinen Stresslevels und Vermeidung von Überkonsum kritischer Substanzen wie Kaffee, Energy-Drinks oder anderen stimulierenden Produkten
  • Akzeptanz und Achtsamkeit
  • Wissensaneignung: Es geht darum, die Symptome der Angst als physiologisch sinnvolle und ungefährliche Phänomene zu verstehen und erleben
  • Die Eskalationsmechanismen verstehen und unterbrechen
  • Schliesslich die Störung als solche ernst nehmen und professionelle Hilfe holen

«Angst haben wir alle. Der Unterschied liegt in der Frage: wovor?» (Frank Thies)