Bergwandern, die Höhe und das Alter

März 12, 2017

Je höher man auf einen Berg steigt, desto breiter und weiter wird die Aussicht. Voraussetzung: geeignetes bzw. schönes Wetter. Je höher man aber steigt, desto langsamer wird man oder muss man gehen. Je älter man wird, desto weitsichtiger wird man. Wenn man jung ist, ist man viel beweglicher aber kurzsichtiger, als wenn man alt und oder in der Höhe ist.

  • Das Alter ist ein Aussichtsturm.‘‘ (Hans Kasp)

Wenn man auf einem Berggipfel steht und einen uneingeschränkten Rundblick geniesst, erfährt man ein gewisses Freisein im Kopf. Die Offenheit und Weite zeigen unmittelbar eine positive Wirkung. Der Lebensraum öffnet sich, innerlich bekommt man Platz. Man kann sich entspannen und loslassen. Offenheit und Weite helfen, den Blickwinkel zu verschieben, und öffnen die Sicht. Man sieht nicht nur Teile und Aspekte des Lebens, sondern das Ganze und Übergeordnete. Wie im Alter, wenn man achtsam wird.

  • „Alter ist Freiheit, Vernunft, Klarheit, Liebe. ‘‘ (Leon N. Tolstoi)

Der Weise beschäftigt sich nicht nur oder nicht mehr mit Nebensächlichkeiten und Banalitäten, sondern erkennt das Wesentliche und Grundlegende. Im Buch von Herrn Hanspeter Ruch «Freier Kopf, offenes Herz» steht viel Weiteres zum Thema «Offenheit und Weite». Zudem wird hier so schön geschrieben: «Die Welt ist das, wofür wir sie halten. Das Problem ist unsere Sichtweise.»

  • „Wie alt man geworden ist, sieht man an den Gesichtern derer, die man jung gekannt hat.“  (Heinrich Böll)

Es ist sehr interessant, dass unsere Sichtweise den Wert der Dinge, mit denen wir konfrontiert werden, bestimmt. Man weiss zwar, dass das «Gleiche» von verschiedenen Personen ganz anderes gesehen, wahrgenommen und erlebt wird – sei es ein Naturereignis, eine Krankheit, ein Theater. Dass der eigene Filter letztlich so entscheidend ist, muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, und eventuell den eigenen Filter gelegentlich auswechseln.

  • ’’ Die Jugend ist die Zeit, die Weisheit zu lernen. Das Alter ist die Zeit, sie auszuüben. ‘‘  (Jean-Jacques Rosseau)

Bei jeder Veränderung, wie z.B. in den Jahreszeiten, gibt es viele Vor- und Nachteile. Mit Verlusten muss gerechnet werden, wenn man gewinnen möchte. Der Schnee schmilzt, wenn die Sonne scheint. Nach Dunkelheit (Nacht) kommt Helle (Tag).

  • „Gedächtnisschwund mit zunehmendem Alter ist kein Grund zur Sorge – es sei denn, Ihr Arzt leidet daran.‘‘ (Steve Martin)

Stress zwingt manchmal einen zum Fleiss. Nach dem Fleiss sollte die Ruhe kommen. Der Erfolg hängt meistens von der Planung, nicht nur vom Zufall ab. Für die Gesundheit lohnt sich der Einsatz.

  • „Alle wollen alt werden, aber keiner will es sein.‘‘  (Gustav Knuth)

Durch richtige Ernährung, genügende körperliche Aktivität, regelmässigen Schlaf und geistiges Wohlbefinden kann die Gesundheit gefördert, die Lebensqualität und Lebensdauer verbessert werden. Der Trend ist heutzutage: „ich möchte lang leben, aber nicht alt werden“

 

Nun weiter mit: Höhenkrankheiten

  • Die progressive Abnahme des Sauerstoffpartialdrucks in der Höhe führt zu einer zunehmenden Hypoxie (Sauerstoffmangel), die der zentrale Faktor für die Entstehung der Höhenerkrankungen ist.
  • Wie sich die Hypoxie pathophysiologisch auswirkt, hängt von der Höhe über dem Meeresspiegel, von der Aufstiegsgeschwindigkeit, von der individuellen Empfindlichkeit sowie von weiteren Risikofaktoren (wie durchgemachte Höhenerkrankung) ab.
  • Auf 2500 m entwickeln 10 bis 25 Prozent der nicht akklimatisierten Personen innerhalb von sechs bis zwölf Stunden nach dem Aufstieg eine akute Bergkrankheit.
  • Über 4500 m steigt die Inzidenz auf 50 bis 85%.

Bei den spezifischen Höhenkrankheiten werden drei verschiedene Krankheitsbilder unterschieden:

  • Die akute Bergkrankheit (acute mountain sickness, AMS) gekennzeichnet durch selbstlimitierende, vorübergehende Kopfschmerzen und Befindlichkeitsstörungen.
  • Das lebensbedrohliche Höhenhirnödem (high altitude cerebral edema, HACE)
  • Das ebenfalls lebensbedrohliche Höhenlungenödem (high altitude pulmonary edema, HAPE)

„Nichts geschieht ohne Risiko, aber ohne Risiko geschieht auch nichts“ (Walter Scheel)

Wie passt sich der Körper grossen Höhen an?

Verschiedene Kompensationsmechanismen tragen dazu bei, die physiologischen Auswirkungen des reduzierten Sauerstoffpartialdrucks in der Höhe zu minimieren:

  • Durch hypoxische Stimulation der Chemorezeptoren kommt es zu einer Steigerung der alveolären Ventilation mit vermehrtem Sauerstoffangebot und Erhöhung des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes durch vermehrte Abatmung von CO2.
  • Durch Flüssigkeitsverlust (Hyperventilation, Konvektion) in der Höhe und hypoxische Stimulation der renalen Erythropoietinsekretion nimmt mittelfristig die Hämoglobinkonzentration und damit die Sauerstofftransportkapazität im Blut zu.
  • Durch Sympathikusaktivierung steigt das Herzvolumen mit konsekutiver Verbesserung des Sauerstoffangebots im Gewebe.
  • Längerfristig bewirkt die Aktivierung Hypoxie-sensitiver Transkriptionsfaktoren eine Verbesserung der zellulären Sauerstoffutilisation und eine gesteigerte Kapillardichte, die zum Teil auf die vermehrte Sekretion von Enthodelwachstumsfaktor beziehungsweise Stickstoffmonoxid (NO) zurückgeführt wird.

Diese physiologischen Akklimatisationsmechanismen, die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und ihre volle Wirksamkeit mit zeitlicher Verzögerung entfalten, reduzieren die Auswirkungen der Hypoxie bei verlängertem Aufenthalt in der Höhe.

Bei dauerhaftem bzw. lebenslangem Aufenthalt in grosser Höhe können chronische Höhenkrankheiten wie Polyglobulie, Hypoventilation (bzw. Atemdepression) und pulmonalarterielle Hypotonie infolge maladaptiven Prozess auftreten.

Akklimatisation als Prophylaxe

  • Im Prinzip kann die akute Bergkrankheit (AMS) durch eine sorgfältige Akklimatisationsstrategie weitgehend vermieden werden, indem das Aufstiegsprofil an die absolute Höhe beziehungsweise die klinische Symptomatik angepasst wird mit Ruhetagen und zwischenzeitlichem Abstieg bei Persistenz der Symptome.
  • Als Faustregel gilt, dass ab einer Höhe von 2500 m der Höhengewinn zwischen zwei konsekutiven Übernachtungen nicht mehr als 300 bis 500 m betragen sollte und dass alle vier bis fünf Tage ein Ruhetag ohne weiteren Höhegewinn eingeplant wird.

„Das Leben besteht aus vielen Höhen und Tiefen, man darf nur nicht im Tief steckenbleiben“ (unbekanntes Sprichwort)

 

Welche Medikamente werden bei den Höhenbergsteigern allenfalls verwendet?

  • Acetazolamid, bekannter unter dem Markennahmen Diamox, wirk präventiv gegen die akute Bergrankheit. Es ist kein Leistungsförderer, steht aber auf der Dopingliste. Dieser ist harntreibend, und deshalb kann eingestzt werden, um den Urin zu verwässern und so den Nachweis eingentlicher Dopingsubstanzen zu erschweren.
  • Das Kortisonpräparat Dexamethason wirkt antreibend und euphorisierend. Es gitl als Dopingmittel und ist im Leistungssprt verboten
  • Sildenafil (PDE-5-Hemmer im allgemeinen), bekannter unter dem Markennahmen Viagra, vermindert den arteriellen Blutdruck im Lungenkreislauf und steigert im Hochgebirge die körperliche Leistunsfähigkeit. Achtung wegen den potentiellen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Sehstörung
  • Amphetamine wirken stimulierend udn wurden in den 1950er Jahren von Bergsteigern im Himalaja eingesetzt. Amphetamine stehenauch auf der Dopingliste.

Wenn jemand langsam aufsteigt und die Zeit hat, bei den ersten Symptomen der Höhenkrankheit wie Kopfweh oder Schwindel einen Ruhetag einzulegen, ist die prophylaktische Einnahme von Medikamenten nicht nötig.

Der Weg soll auch hier das Ziel werden…

Zudem: Langsam aufsteigen, und schnell absteigen.

 

„Nur wo du zu Fuss warst, bist du auch wirklich gewesen.“ (Johann Wolfgang von Goehte, Wandernder Dichterfürst).

 

Fortsetzung

  • Für Leser, welche sich gerne von einer Geschichte inspirieren lassen möchten. Beginnen wir mit einer orientalischen Geschichte.

Der Wanderer

In der persischen Mystik wird von einem Wanderer erzählt, der mühselig auf einer scheinbar endlos langen Strasse entlang zog.

Er war über und über mit Lasten behangen. Ächzend und stöhnend bewegte er sich Schritt für Schritt vorwärts, beklagte sein hartes Schicksal und die Müdigkeit, die ihn quälte.

Auf seinem Weg begegnete ihm in der glühenden Mittagshitze ein Bauer, der ihn fragte: „Müder Wanderer, warum belastest du dich mit diesen Felsbrocken?“ – „Zu dumm“, antwortete der Wanderer, „aber ich hatte sie bisher noch nicht bemerkt.“ Darauf warf er die Brocken weit weg und fühlte sich viel leichter.

Wiederum kam ihm nach einer langen Wegstrecke ein Bauer entgegen, der sich erkundigte: „Sag, müder Wanderer, warum plagst du dich mit einem halbfaulen Kürbis auf dem Kopf und schleppst an Ketten so schwere Eisengewichte hinter dir her?“ Der Wanderer antwortete: „Ich bin froh, dass du mich darauf aufmerksam machst; ich habe nicht gewusst, was ich mir damit antue.“ Er schüttelte die Ketten ab und zerschmetterte den Kürbis im Strassengraben. Wieder fühlte er sich leichter.

Doch je weiter er ging, umso mehr begann er wieder zu leiden. Ein Bauer, der vom Feld kam, betrachtete den Bauer erstaunt: „Guter Mann, du trägst Sand in deinem Rucksack, doch was du in weiter Ferne siehst, ist mehr Sand, als du jemals tragen könntest. Und wie gross ist dein Wasserschlauch – als wolltest du die Wüste Kawir durchwandern. Dabei fliesst neben dir ein klarer Fluss, der deinen Weg noch weit begleiten wird!“ – „Dank dir, Bauer, jetzt merke ich, was ich mit mir herumgeschleppt habe.“ Mit diesen Worten riss der Wanderer den Wasserschlauch auf, dessen brackiges Wasser auf dem Weg versickerte, und füllte mit dem Sand aus dem Rucksack ein Schlagloch.

Er blickte auf sich herab, sah den schweren Mühlstein an seiner Hand und merkte plötzlich, dass der Stein es war, der ihn noch so gebückt gehen liess. Er band ihn los und warf ihn, soweit er konnte, in den Fluss hinab.

Frei von seinen Lasten wanderte er durch die Abendkühle, um eine Herberge zu suchen.

 

Kommentar dazu von einem Leser:

Die persische Geschichte hat schon etwas für sich. Aber zu erkennen, ob man Sand oder Felsbrocken oder sonst überflüssiges Zeug mit sich herumschleppt oder ob es dann plötzlich genau die Dinge sind, die man nicht hätte fortschmeissen sollen, das ist dann eben die Frage! Oder ob man genau das nicht mitgenommen hat, das man eben als überflüssig einschätzte, aber dann wirklich brauchen könnte! So ist das Leben!

Der Erfolg hat meistens eine lange Warteschlange.

Man sagt am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, kann es auch nicht das Ende sein.