Mehr als eine Kurve, es ist der Weg

März 5, 2021

Am Wochenende war ich zum Skifahren wieder in den Bergen. Das Wetter, die Piste und die Aussicht waren perfekt. Auch die Menschenmenge war so, dass man nirgends anstehen musste, weder bei der Bahn noch bei den Skiliften oder vor Take away-Orten.

Seit vielen Jahren fahre ich mit meiner Frau auf dieser Piste, häufig auch mit meinen Kindern oder manchmal mit Verwandten, Freunden.

Ich stelle fest, dass ich immer mehr Freude bekomme beim Skifahren, da ich mich entspannt und locker gehen lassen kann und so die Kurven mit den Kanten sehr schön ziehe.

Bei entsprechenden Verhältnissen auf der Piste mit griffigem Schnee habe ich das Gefühl über die Erde zu fliegen. Die Gedanken fliessen mit. Die richtige Kurve am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Mit viel Schwung, Leichtigkeit und Tempo schwebt man hangabwärts und hört ein Knirschen unter den Skiern im Schnee.

Gleichgewicht, Geschwindigkeit und Koordination machen mit – Instinkt und Grosshirn harmonieren miteinander.

„Das Leben ist wie Fahrradfahren,  um das Gleichgewicht zu halten muss man in Bewegung bleiben“ (Albert Einstein)

Man übersieht die ganze Piste, geniesst den Schnee und die Berge und schwingt nach links, nach rechts mit leicht nach vorne gebeugtem, halbmondförmigen Körper.

Man kann langsam bremsen und dann beschleunigen, ohne zu verkrampfen. Die Muskeln, die Knochen, der Atem und der Kreislauf spielen schön mit, wie ein Orchester mit guten Tönen.

Der Gedankengang geht zu Assoziationen und Anekdoten des Lebens über: wer Kurven im Alltag gut zieht und steuert, kommt gut und schnell voran.

So lange man lebt, muss man weiter gehen, sich fortbewegen. Der Erfolg hängt ab von den richtigen, angepassten Kurven, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort. Wer die Unebenheiten  und Minen frühzeitig sieht und davor die Richtung wechseln kann, verhindert das Desaster oder die Katastrophe.

Man ist aber nicht immer Herr der Kurven. Wie beim Skifahren hängt es vom Wetter, den Skiverhältnissen, der Neigung der Piste, der Schneequalität, der Präparation der Piste, den Kleidern, den Schuhen, den Skiern, usw. ab, ob man gut, schön und schnell fahren kann. Dies sind äussere Faktoren, die man selber nur bedingt beeinflussen kann.

Weitere Faktoren wie Erfahrung, Training, Freude am Fahren hängen sehr stark von der Person ab. Training macht den Meister. So braucht man selbstverständlich Talent und weitere Fertigkeiten sowie ein Stück Glück, wenn man sehr gut und erfolgreich sein möchte.

Glück: auf welcher Piste, d.h. wo man lebt, Glück, in welchem Alter man mit Skifahren beginnen konnte (in was für eine Familie, in welche Verhältnisse man hineingeboren wurde), Glück, wie häufig man trainieren kann (Möglichkeiten allgemein), Glück, ob man überhaupt fahren kann (Gesundheitszustand) usw.

Skifahren, kurven und sich schlängeln widerspiegeln für mich den Lebensweg. Man kann nicht sofort auf Skien stehen und losfahren. Man muss viel trainieren, bis man die Kurven schön ziehen kann, man fällt einige Male hin, bevor man sicher ist. Auch später können die besten Skifahrer verunfallen.

Auch mit viel Erfahrung weiss man nicht immer, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet.

Trotzdem:

wende Dein Gesicht der Sonne zu und Du lässt den Schatten hinter Dir…