Respektvoll frei

Dezember 30, 2017

Heute Morgen sah ich in der Früh einen jungen Mann am Bahnhof, der in seiner Hand kleine Abfallreste hielt bis er einen Eimer gefunden hatte. Ich habe mich sehr gefreut, dass der junge Mann unserer Umgebung Sorge trägt und sich so beispielhaft verhält. Auch beim Einsteigen in den Zug hat er sich respektvoll verhalten. Diese kleine Szene hat in mir Gedanken über Freiheit, Respekt und den Beitrag eines jeden Einzelnen ausgelöst.

«Gebt mir einen Hebel, der lang genug, und einen Angelpunkt, der stark genug ist, dann kann ich die Welt mit einer Hand bewegen» (Archimedes, 287-212 v. Chr.).

Zum Glück besitzt niemand allein diesen Hebel. Vielmehr ist jede und jeder Einzelne gefordert, seine/ihre ganz persönliche Hebelwirkung zu nutzen und im eigenen Interesse sowie insbesondere auch im Interesse künftiger Generationen einen Beitrag zu leisten, unsere Umwelt zu schätzen und zu pflegen.

Auch im gesundheitspolitischen, im humanitären sowie im menschlichen Bereich sollte sich jeder Einzelne für mehr Gerechtigkeit, Bildung und eine bessere Verteilung der Ressourcen einsetzen.

Zudem sagte Archimedes «Miss alles, was sich messen lässt, und mach alles messbar, was sich nicht messen lässt.»

Das ist die Basis der Wissenschaft. Man muss den Dingen nachgehen, sie ab- und aufklären. So können wir mit Vernunft unser Wissen anwenden, unsere Grenzen bestimmen und uns an sie halten.

In diesem Sinne wünsche ich mir eine Welt, wo Freiheit und Respekt geschaffen und geschützt werden. Selbstverständlich meine ich damit, dass die Freiheit des Einzelnen in der Freiheit des Anderen ihre Grenze findet und diese nicht überschreitet oder überfährt.

„Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück“ (Orientalisches Sprichwort)

 

Fortsetzung mit einer Bibliotherapie

  • Gerne möchte ich Sie mit einer orientalischen Geschichte zur weiteren Lektüre einladen.
  • Die Geschichte kann übrigens als Metapher auf kognitiver Ebene zu einer Veränderung der Bedeutung von Ereignissen und zu einer distanzierteren Betrachtung von Problemen führen.
  • Oft kann die veränderte Sichtweise auf der emotionalen Ebene zu einer positiven Umstimmung führen.
  • In orientalischen Ländern haben Geschichten schon seit Jahrhunderten die Funktion von Lebenshilfen, die gleichzeitig Vergnügen und Zeitvertrieb sein können.
  • Somit waren Geschichten ein Element der «Volkspsychotherapie» und «Volkspädagogik», die sich seelischer Konflikte annahmen, lange bevor Psychotherapie eine wissenschaftliche Disziplin wurde.
  • So wurden die Geschichten oft als Lebenshilfen verwendet, vor allem in der Konfliktverarbeitung und in der Selbsthilfe.

Wir verkaufen nur den Samen

Ein junger Mann betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein älterer Mann. Hastig fragte er ihn: „Was verkaufen Sie, mein Herr?“ Der Weise antwortete freundlich: „Alles, was Sie wollen.“ Der junge Mann begann aufzuzählen: „Dann hätte ich gerne die Welteinheit und den Weltfrieden, die Abschaffung von Vorurteilen, Beseitigung der Armut, mehr Einheit und Liebe zwischen den Religionen, gleiche Rechte für Mann und Frau und, und, und…“ Da fiel ihm der Weise ins Wort: „Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.“

(Nach Prof. Nossrat Peseschkian)

Der Dattelesser

Eine Frau kam mit ihrem kleinen Sohn zu dem weisen Ali. »Meister«, sprach sie, »mein Sohn ist von einem widerwärtigen Übel befallen. Er isst Datteln von morgens bis abends. Wenn ich ihm keine Datteln gebe, schreit er, dass man es bis in den siebenten Himmel hört. Was soll ich tun, bitte hilf mir!« Der weise Ali schaute das Kind freundlich an und sagte: »Gute Frau, geht nach Hause und kommt morgen zur gleichen Zeit wieder!«

Am nächsten Tag stand die Frau mit ihrem Sohn wieder vor Ali. Der grosse Meister setzte den Jungen auf seinen Schoss, sprach freundlich zu ihm, nahm ihm schliesslich die Dattel aus der Hand und sagte: »Mein Sohn, erinnere dich der Mässigkeit. Es gibt auch andere Dinge, die gut schmecken.« Mit diesen Worten entliess er Mutter und Kind. Etwas verwundert fragte die Frau: » Grosser Meister, warum hast du das nicht schon gestern gesagt, warum mussten wir den langen Weg zu dir noch einmal machen?«

»Gute Frau«, antwortete da Ali, »gestern hätte ich deinem Sohn nicht überzeugend sagen können, was ich ihm heute sagte, denn gestern hatte ich selber die Süsse der Datteln genossen!«

 

Damit es Frieden in der Welt gibt, müssen die Völker in Frieden leben.

Damit es Frieden zwischen den Völkern gibt, dürfen sich die Städte nicht gegeneinander erheben.

Damit es Frieden in den Städten gibt, müssen sich die Nachbarn verstehen.

Damit es Frieden zwischen Nachbarn gibt, muss im eigenen Haus Frieden herrschen.

Damit im Haus Frieden herrscht, muss am ihn im eigenen Herzen finden.